Dunkler Herbst und Winter: Wann sollte ich Vitamin D zu mir nehmen?

Kai, Redaktionsleitung

herbstlicher Regentag
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Wenn die Tage kürzer werden und die Sonne nur noch flach über den Horizont steigt, rückt ein Nährstoff in den Fokus, der im Sommer kaum Aufmerksamkeit bekommt: Vitamin D. Gemeint ist ein Prohormon, das der Körper bei ausreichender UVB-Strahlung selbst bilden kann. Sinkt die UV-Intensität, schrumpft die körpereigene Produktion – und damit entsteht die Frage, ob eine zusätzliche Zufuhr in der lichtarmen Jahreszeit sinnvoll ist. Die Antwort fällt differenziert aus: Einerseits ist Vitamin D unverzichtbar für stabile Knochen, die Muskelfunktion und zahlreiche Stoffwechselvorgänge. Andererseits lässt sich nicht jede erhoffte Wirkung aus Studien ableiten, und zu hohe Dosierungen bergen Risiken. Wer Nutzen, Grenzen und Sicherheit kennt, trifft bessere Entscheidungen – gerade zwischen Oktober und März, wenn hierzulande viele Tage grau bleiben.

Die Versorgung über Lebensmittel ist von Natur aus begrenzt, denn nur wenige Produkte liefern nennenswerte Mengen. Gleichzeitig speichern Körpergewebe Vitamin D nur begrenzt, sodass die im Sommer gefüllten Reserven im Lauf des Winters sinken können. Das führt zu einem Spannungsfeld zwischen realistischer Vermeidung eines Mangels und unnötig hohen Dosierungen. In dieser Landschaft bewegen sich amtliche Empfehlungen, Forschungsergebnisse und alltagspraktische Lösungen – von Spaziergängen in der Mittagssonne bis zur Einnahme eines Präparats.

Der folgende Überblick ordnet ein, wann die zusätzliche Zufuhr sinnvoll sein kann, worauf bei Auswahl und Einnahme zu achten ist und wie sich Sicherheit gewährleisten lässt. Wissenschaftliche Empfehlungen aus Deutschland und Europa liefern dafür den Rahmen.

Was Vitamin D im Körper leistet

Vitamin D reguliert den Calcium- und Phosphatstoffwechsel und unterstützt so die Mineralisierung des Skeletts. Auch die Muskelfunktion und Teile der Immunabwehr werden beeinflusst. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) beschreibt Vitamin D als fettlösliches Vitamin mit zentraler Bedeutung für Knochenstabilität, Muskeln und ausgewählte Prozesse des Immunsystems. Ein starker, allgemeiner Nutzen über diese Kerneffekte hinaus ist hingegen nicht in jedem Bereich eindeutig belegt; die Forschung ist hier im Fluss.

Warum Herbst und Winter zum Engpass werden

Die Hauptquelle ist nicht der Teller, sondern die Haut: Unter UVB-Licht bildet der Körper Cholecalciferol (Vitamin D3). In Deutschland reicht die UVB-Strahlung zwischen etwa Oktober und März vielerorts nicht aus, um durch kurze Aufenthalte im Freien eine verlässliche Bildung sicherzustellen. Fachinstitutionen empfehlen deshalb, zwischen März und Oktober zwei- bis dreimal pro Woche Gesicht, Hände und Arme für kurze Zeit unbedeckt und ohne Sonnenschutz der Sonne auszusetzen – Sonnenbrand ausgenommen. Im Winter wird vor allem auf die im Sommer angelegten Speicher zurückgegriffen, die im Laufe der Wochen abnehmen können.
(Quelle BfR – Vitamin-D-Bildung: Winter hierzulande nicht ausreichend (PDF))

Unter hiesigen Lebensbedingungen stammen rund 80 bis 90 Prozent der Versorgung aus der endogenen Synthese; die Ernährung trägt meist nur wenig bei. Diese Größenordnung erläutern Bundesinstitute in aktuellen Übersichten.

Lebensmittel, die beitragen – und ihre Grenzen

Nennenswerte Mengen liefern primär fettreiche Seefische, Lebertran, Eigelb sowie UV-behandelte Speisepilze. Da der Gehalt stark schwankt und die Verzehrmengen begrenzt sind, lässt sich die Versorgung dadurch größtenteils nicht vollständig decken. Daher verweisen Ernährungsfachgesellschaften auf Sonnenlicht als tragende Quelle – mit der Einschränkung, dass in der dunklen Jahreszeit nur begrenzt UVB-Licht verfügbar ist.

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Wer in der dunklen Jahreszeit besonders aufpassen sollte

Mehr Aufmerksamkeit verdienen Menschen, die seltener nach draußen kommen, deren Haut bedeckt bleibt oder die dunklere Hautpigmentierung aufweisen. Auch höheres Alter, Pflegebedürftigkeit und chronische Erkrankungen gehen häufig mit geringerer Bildung in der Haut einher. Für diese Gruppen wird in deutschen Leittexten eher zur gezielten Zufuhr geraten, sofern die körpereigene Synthese nicht reicht.

Wie viel Zufuhr als sinnvoll gilt

In Deutschland gilt: Wenn keine Eigenproduktion möglich ist, liegt der Referenzwert für eine angemessene Zufuhr bei 20 Mikrogramm (µg) pro Tag, also 800 Internationalen Einheiten (IE). Dieser Wert dient als Richtgröße für Jugendliche und Erwachsene ebenso wie für Ältere sowie für Schwangerschaft und Stillzeit; Säuglinge erhalten gesonderte Empfehlungen. Damit lässt sich bei fehlender Synthese eine ausreichende Serumkonzentration von mindestens 50 nmol/l anstreben.

Obergrenzen und Sicherheit

Auch bei einem Vitamin kann zu viel des Guten schaden: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) setzt die tolerierbare maximale Gesamtzufuhr für Jugendliche und Erwachsene – inklusive Schwangerschaft und Stillzeit – auf 100 µg pro Tag fest. Für Kinder von 1 bis 10 Jahren gelten 50 µg pro Tag. Diese Obergrenzen betreffen die langfristige, tägliche Zufuhr aus allen Quellen.

Besonders hohe Einzeldosen in Abständen von Tagen oder Wochen werden kontrovers diskutiert; das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt vor gesundheitlichen Risiken bei langfristiger, hochdosierter Einnahme ohne medizinische Notwendigkeit.

Supplemente in Herbst und Winter: Formen, Auswahl, Einnahme

Vitamin D ist als Monopräparat und in Kombinationsprodukten erhältlich. Es existieren unterschiedliche Darreichungen, auch als Vitamin D Tropfen statt Kapseln, was eine flexible Dosierung ermöglicht. Als wirksame Verbindung dient meist Cholecalciferol (Vitamin D3). Daneben gibt es Ergocalciferol (Vitamin D2), das vor allem aus pflanzlichen Quellen stammt. Beide erhöhen den 25(OH)D-Spiegel, D3 zeigt in Vergleichen jedoch häufig eine stärkere und länger anhaltende Wirkung. Wer rein pflanzliche Produkte bevorzugt, findet inzwischen D3-Präparate auf Flechtenbasis.

Einnahmehinweise ohne Mythen

Da Vitamin D fettlöslich ist, verbessert eine Einnahme zusammen mit einer Mahlzeit, die etwas Fett enthält, die Aufnahme. Bestimmte Medikamente und Erkrankungen können die Verwertung beeinflussen – hier empfiehlt sich ärztlicher Rat. Routinemäßige Blutuntersuchungen bei beschwerdefreien älteren Menschen zeigten in Auswertungen keinen gesicherten Nutzen; eine gezielte Diagnostik bei begründetem Verdacht bleibt davon unberührt.

Praktischer Umgang im Jahreslauf

Im Sommer tragen kurze Aufenthalte in der Sonne ohne Sonnenbrandrisiko wesentlich zur Versorgung bei; die Empfehlung lautet, in den Monaten März bis Oktober mehrmals pro Woche kleine, unbedeckte Hautflächen zu belichten. Im Herbst und Winter reduziert sich diese Möglichkeit deutlich. Wer sich dann nur selten im Freien aufhält oder zur Risikogruppe gehört, kann über eine ergänzende Zufuhr nachdenken, die sich an der genannten Richtgröße orientiert und die Obergrenzen respektiert. Ziel ist nicht ein möglichst hoher Wert, sondern eine stabile, ausreichende Versorgung.

D3 oder D2 – ein kurzer Blick auf die Unterschiede

Cholecalciferol (D3) wird in der Haut gebildet und findet sich in tierischen Lebensmitteln; Ergocalciferol (D2) stammt aus Pflanzen und Pilzen. Beide Formen müssen im Körper aktiviert werden. Meta-Analysen zeigen, dass D3 im Durchschnitt wirksamer ist, um den Blutspiegel zu steigern und zu stabilisieren, auch wenn beide Formen grundsätzlich geeignet sind, die Versorgung zu verbessern. Für die alltägliche Praxis bedeutet das: Entscheidend ist die verlässliche, angemessene Zufuhr über die Zeit, nicht kurzfristige Spitzenwerte.

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Fazit: Nüchtern abwägen, klug handeln

Der lichtarme Abschnitt des Jahres macht es schwer, die Vitamin-D-Versorgung allein über die Sonne sicherzustellen. Gleichzeitig liefert die typische Ernährung meist nur kleine Mengen. Unter diesen Bedingungen erscheint eine ergänzende Zufuhr in vielen Fällen sinnvoll, vor allem bei geringer Sonnenexposition, höherem Alter oder dauerhaft bedeckter Haut. Als Richtschnur dient der in Deutschland etablierte Wert von 20 µg pro Tag, sofern keine körpereigene Bildung stattfindet. Wichtig bleibt die Beachtung der Obergrenzen, denn dauerhaft zu hohe Dosierungen sind vermeidbar und können schaden.

Wer die eigenen Lebensumstände realistisch einschätzt, profitiert von einem einfachen Plan: Im Sommer kurze, regelmäßige Belichtung kleiner Hautflächen ohne Sonnenbrand; im Winter ein strukturiertes Vorgehen mit möglichst kontinuierlicher Zufuhr über Nahrung, alltägliche Bewegung im Freien und, falls nötig, ein gut dosiertes Präparat. Dabei helfen klare Richtwerte, ein Blick auf die Gesamtdosis und gegebenenfalls ärztliche Rücksprache bei Vorerkrankungen oder Medikamenteneinnahme. So lässt sich durch die dunkle Jahreszeit kommen, ohne in extreme Höhen zu dosieren oder Risiken einzugehen – mit einem Ziel, das nüchtern und erreichbar ist: eine stabile, ausreichende Versorgung mit Vitamin D.

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